D. Hennings: Raumakustik in der Plusenergie-Schule Hohen Neuendorf 3. Der MusikraumVariable Akustik |
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Im Musikraum finden Unterrichts-Formen statt, die unterschiedliche raumakustische Eigenschaften benötigen: Bei vorwiegend verbal abgehaltenem Unterricht oder beim Anhören von Tonträgern ist eine 'trockene' Akustik wie in den übrigenen Unterrichtsräumen wünschenswert. So ist die Sprachverständlichkeit sehr gut und Tonträger werden weitgehend unverfälscht wiedergegeben. Wird dagegen aktiv musiziert, dann kann eine weniger starke Bedämpfung unterstützend wirken. Deshalb ist der Musikraum abweichend von den übrigen Unterrichtsräumen nicht mit fest montierten Wand-Absorbern ausgestattet, sondern mit Vorhängen aus ‘Bühnen-Molton’ schwerer Qualität, die je nach Bedarf die beiden Stirnwände teilweise oder vollständig verdecken können. Auf diese Weise kann die Raumakustik an verschiedene Aspekte des Musikunterrichts angepaßt werden.
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Grafik 3.1: Die hintere Stirnwand des Musikraums mit davor hängendem Vorhang. Das bei der Messung eingesetzte Kunstkopf-Mikrofon ist im Vordergrund zu sehen. |
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Meßergebnisse |
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Im Musikraum wurden in analoger Weise zum Klassenraum Unterrichts-Situationen nachgestellt und Raumimpulsantworten für verschiedene Übertragungsstrecken gemessen, sowohl mit Vorhängen vor den Wänden, als auch mit zurückgeschobenen Vorhängen. In nebenstehender Grafik sind aus den Messungen abgeleitete Nachhallzeiten dargestellt (Werte für unbesetzten Zustand). Die Werte für den besetzten Zustand wurden daraus berechnet mit der Annahme, daß alle 30 Schülerplätze besetzt sind. Ab dem Oktavband 500 Hz aufwärts zeigt sich eine deutliche Wirkung der Vorhänge. Bei zurückgeschobenen Vorhängen liegen die Nachhallzeiten entweder innerhalb oder knapp außerhalb des in DIN 18041 für 'Musik' empfohlenen Bereichs. Bei vor den Wänden hängenden Vorhängen ergeben sich ab dem Oktavband 500 Hz Nachhallzeiten, die 'besetzt' innerhalb des nach DIN 18041 für 'Unterricht' empfohlenen Bereichs liegen und 'unbesetzt' geringfügig abweichen. Die einstellbare Akustik funktioniert also bei mittleren und hohen Frquenzen ab dem Oktavband 500 Hz aufwärts. Bei tiefen Frequenzen zeigt sich dagegen kein Unterschied zwischen beiden Stellungen des Vorhangs. Zudem liegen die Nachhallzeiten dort insgesamt höher als erwünscht. In Grafik 3.3 sind als Maß der Übertragungsqualität Schwerpunktzeiten dargestellt, die aus den Raum- impulsantworten verschiedener Sprecher-Hörer-Strecken abgeleitet sind. Ab 500 Hz aufwärts liegen die Werte mit Vorhängen vor den Wänden (rote und gelbe Kurven) merklich niedriger (bessere Sprachübertragung) als mit zurückgeschobenen Vorhängen (blaue Kurven).
In der Musikraum-Meßreihe waren alle Sprecher- und Hörer-Positionen in einem raumweiten Kreis
angeordnet. Eine deutliche Präferenz eines der Sprecher-Position zuwandten Ohres,
wie im Klassenraum, ist hier nicht zu erkennen. Allerdings weisen die Ergebnisse
auf einen Einfluß der Reflexion an der Fensterwand bei tiefen Frequenzen hin:
Das jeweils der Reflexion zugewandte Ohr (durchgezogene Kurven) zeigt bei tiefen
Frequenzen höhere Schwerpunktzeiten als das abgewandte Ohr (gestrichelte Kurven).
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Grafik 3.2: Nachhallzeiten im Musikraum mit vor den Wänden hängenden sowie mit zurückgeschobenen Vorhängen. Die Werte für unbesetzten Zustand sind gemessen, die Werte für voll besetzten Zustand daraus berechnet. Zum Vergleich dienen die in DIN 18041 empfohlenen Nachhallzeiten für ‘Musik’ und für ‘Unterricht’. Grafik 3.3: Gemessene Schwerpunktzeiten bei verschiedenen
Sprecher-Hörer-Übertragungsstrecken, jeweils für beide Ohren.
Blaue Kurven beziehen sich auf zurückgeschobene Vorhänge, rote und gelbe Kurven
auf Vorhänge vor den Wänden. Durchgezogene Kurven beziehen sich auf jeweils
auf das Ohr, welches die erste Reflexion der Fensterwand direkt erhält. |
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Hörbeispiele
Da die gemessenen binauralen Raumimpulsantworten die Übertragung zwischen einer Schallquelle und einem Hörer im Raum repräsentieren, lassen sie sich verwenden um ('raumfrei' trocken aufgenommene) Sprache oder Musik virtuell in den Raum zu versetzen. Auf diese Weise sind die Hörbeispiele entstanden. Die ersten beiden Beispiele nehmen eine reine Hörer-Perspektive ein, gegenüber der Musik- oder Sprach-Quelle. Im dritten Hörbeispiel entspricht die Hörposition einem (stillen) Ensemble-Mitglied zwischen den Musikern, so daß die Anderen je nach Entfernung unterschiedlich laut erscheinen.
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Anmerkungen: - Bitte unbedingt Kopfhörer verwenden, sonst funktioniert die binaurale Wiedergabe nicht.
- Info zu den Quellen der verwendeten Sprach- |
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Weiterentwicklung
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Die Messungen haben gezeigt, daß mit schweren Vorhängen vor den Wänden auf einfache
Weise eine nach Bedarf einstellbare Nachhallzeit in einem Musikraum realisiert
werden kann. Allerdings bleibt in zwei Punkten ein Bedarf nach
weiterentwickelten Lösungen:
- Die Vorhänge absorbieren nur in den Oktaven oberhalb 250 Hz gut,
so daß bei tiefen Frequenzen die Nachhallzeiten zu hoch sind.
- Sind die Vorhänge vollständig vor die Wände gezogenen, so werden (ab 500 Hz aufwärts)
Nachhallzeiten 'oben' im DIN-Bereich 'Unterricht' erreicht,
im zurückgeschobenen Zustand der Vorhänge 'unten' im DIN-Bereich 'Musik'.
Wünschenswert ist ein größerer Einstellbereich der Nachhallzeiten. Zusätzliche Tiefenabsorber |
Im Sinne der einfachen Handhabung könnten Tiefenabsorber ohne Einstell-Möglichkeit für eine mittlere Nachhallzeit dimensioniert werden (im Beispiel des Musikraums in Hohen Neuendorf wäre das etwa 0.8 Sekunden). Verbesserte Vorhänge
Auf der anderen Seite kann die minimale Absorber-Wirkung der Vorhänge nur gesenkt werden,
indem sie enger zusammengeschoben werden als bei den obigen Messungen (sie waren auf
etwa 1/4 zusammengeschoben), oder indem sie hinter schallharten Flächen
verborgen werden. In jedem Fall muß beachtet werden, daß im praktischen Schulbetrieb
alle Verstellungen sehr einfach und schnell erfolgen können.
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